Kapitel 1

Wachsmodellspritzen


Beim Erkalten der üblichen Spritzwachse, entstehen folgende Arten von Schwindungen:


1. Wachsschwund Typ I


I. Konsolidierung der Kettenmoleküle in eine engere,teilweise geordnete Struktur. Hierbei legen sich meist die Moleküle filamentartig aneinander. Dadurch sinkt das Volumen sehr stark.

Im häufigsten Fall vollzieht sich dieser Vorgang im Temperaturbereich des Schmelzintervalls. Das Schmelzintervall ist der Bereich, in dem die Erweichung nach Verlust aller Elastizitätsmerkmale beginnt, bis zum Beginn des vollständigen Fließens.


In der Praxis macht sich dieser Schwund durch Verziehen der Oberfläche bei unterschiedlichen Materialstärken bemerkbar. Ein in den Oberflächen planer Würfel würde ausgespritzt in Wachs und ausgekühlt jeweils nach innen gezogene Flächen erhalten.





Die Oberfläche, insbesonders die Ecken des Würfels kühlen zuerst und rasch ab. Später kühlt und schrumpft der Kern. Dabei zieht er die Flächen nach innen.


Beim Schmuckguß ist dieses Verziehen besonders lästig, da die Formen nach dem Guß oft nur noch durch aufwendige Handarbeit wieder in die gewünschte Form gebracht werden können.

Insbesonders bei Uhrengehäusen und technischen Formen die geometrisch klare Flächen und stark unterschiedliche Materialstärken haben ist eine Verringerung dieser Fehlerquelle von hoher Bedeutung.


Der erste Gedanke schien eine Lösung durch Verlegen der unteren Fließgrenze unter den Temperaturpunkt des Beginns der Entordnung aufzuzeigen.

D.h. es wurde nach Wachsen gesucht, die im geordneten Zustand fließfähig sind.

Tatsächlich zeichnen sich Wachse ja durch Fließverhalten in Zeitlupe, auch bei geringen Kräften aus. Da lag es nahe durch geeignete Modifikationen von plastischen Wachsen dem gewünschten Resultat näher zu kommen.

Leider sind diese Versuche noch nicht zu einem generell verwendbaren Spritzwachs gediehen. Jedoch konnte der Schwund vom Typ 1 fast vollständig eliminiert werden.



Diese Wachse sind Paraffine, die bei relativ hohem Druck von 2-4 atü gespritzt werden müssen. In diesem Bereich, sind sie zum Ausspritzen von Metall- oder Kunststofformen gut geeignet und konkurrieren mit synthetischen Thermoplasten.


Da für den Schmuckguß jedoch unterschnittene Formen verwendet werden, kommt für die Negativform nur eine gummielastische Form in Frage.

Die derzeit entwickelten Wachse dieses Typs scheiden daher für Schmuckguß, aus oben genannten Gründen aus.


Gummielastische Formen dürfen jedoch nicht zu hart sein (sonst würde die Wachsform bei der Entnahme zerbrechen) und stellen daher, bei gleichzeitig niedrigen Spritzdrücken, hohe Anforderungen an die Fließfähigkeit, sowie nach dem Abkühlen an die Festigkeit der Wachse.

Zwei andere Wege zur Reduktion des Schwundes durch den Ordnungsvorgang zeigen sich:


A. Durch Zusatz von geeigneten Inhibitoren

B. Durch Verwendung von wachsfremden Thermoplasten


A.Zusatz von Inhibitoren


Die Zusätze sollten folgende Eigenschaften haben:


Vollständige Aufnahme durch das Wachs.

Geringe oder keine Erhöhung der Fließzähigkeit.

Vollständige, rußfreie Verbrennung bei niedrigen Temperaturen

und natürlich die Verminderung des Verziehens der Wachsform


Aus Gründen der vollständigen Verbrennung habe ich mich auf die Untersuchung von einigen metall- und schwefelfreien Kohlenwasserstoffen beschränkt.

Die bisher besten Ergebnisse haben Zusätze von schmelzbaren Harzen ergeben.



Harze


Harze sind hervorragende Klebstoffe, da sie sich langsam mit hoher Genauigkeit an Oberflächen anlegen und eine hohe Oberflächenhaftung aufweisen. Beim Abkühlen verziehen sie sich nicht und werden kalt sehr fest.

Den Klebeeffekt muß man vermeiden damit die Entformung gewährleistet wird. Als Trennmittel stehen Öl- und Vaselinsprays zur Verfügung.

Harze fließen etwas zäh und langsam, eignen sich daher nicht für filigrane Teile sondern für massive Stücke.

Da sie eine breite Temperaturspanne zwischen fest und flüssig haben erfordern sie eine lange Abkühlzeit . Schnelles arbeiten wird dadurch erschwert.


Die Aufnahme durch das Wachs ist vollständig. Auch im kalten Zustand ergeben sich keine Entmischungen. Die Festigkeit wird sogar gesteigert ( und dadurch leichtere Bearbeitbarkeit erzielt).

Organische Harze brennen vollständig aus der Form aus.

Das Verziehen der Wachsform wird bereits bei geringen prozentuellen Zusatzmengen merklich gemindert.


Lediglich die Fließzähigkeit und das Schmelzintervall nehmen zu.

Bei größeren Formen kann dies aber hingenommen werden.





Verwendung von anderen Thermoplasten


1.Polypropylene

2.Polglycole


a Polypropylene


sind für Formenspritzverfahren in Metallformen am weitesten verbreitet. Sie fließen zäh, benötigen hohe Drücke und haben eine hohe Festigkeit. Für den Schmuckguß sind unvernetzte Polypropylene mit Molgewichten zwischen 1000 und 10.000 interessant, da deren Schmelzbereich zwischen 50°C und 100 °C liegt. Die Fließfähigkeit ist ebenfalls deutlich besser. Die Entformung erfordert größere Sorgfalt als bei Spritzwachsen da diese Materialien etwas weicher sind.


b Polyglycole


Für Polyglycole gilt im wesentlichen das Gleiche wie für die Polypropylene. Lediglich die Härte und die Fließfähigkeit variieren.

Die Erstarrungschrumpfung ist nicht so gut vermieden wie bei Polypropylenen.


Druckausgleich

In der Praxis hat sich aber noch ein Weg eröffnet, um zumindest den größten Teil der Verwindung von unterschiedlich starken Formteilen zu reduzieren.

Wir haben beobachtet daß die Verwindung geringer wird wenn die Wachstemperatur beim Spritzen sich der "Erstarrungstemperatur" des Wachses nähert.
































Dieser Effekt war bei Wachsen mit unterschiedlichem Schmelzpunkt zu beobachten. Leider werden die Spritzwachse bei der Annäherung an den "Erstarrungstemperaturpunkt" leider schnell sehr zähfließend.


Lediglich homogene Hartwachse mit den niedrigsten Schmelzpunkten zeigen einen knickförmigen Verlauf, der durch Umstrukturierung der Moleküle noch verstärkt werden kann. Das gewünschte Wachs ist dann bei nur geringer Temperaturerhöhung sofort dünnflüssig und wird bei nur geringer Abkühlung und nur wenige Celsiusgrade hart.


Bei einem Wachs mit kleinem Schmelzintervall kann man nun nahe (z.b.2°C) an die sogenannte Erstarrungstemperatur gehen und nur noch geringfügige Verwindungen erhalten.


Zusätzlich ergibt ein dickerer Spritzkanal mit längerem Einspritzvorgang ein gewisses Nachschieben in dem Bereich des Spritzkanals.

Hervorragende Ergebnisse zeigen, die jetzt am Markt üblichen Spannvorrichtungen unter 4 Voraussetzungen:


a) Der Spritzkanal ist dicker oder zumindest nicht dünner als das Formteil

b) Der Kanal wird konsequent an der dicksten Stelle angesetzt (eventuell an mehreren Stellen).







c) Die Spritz- oder Haltezeit ist länger als die Abkühlzeit.

d) Der Spritzdruck ist auf den Plattendruck abgestimmt (je steifer die Gummiform umso besser sind diesbezüglich die Ergebnisse).



2. Wachsschwund Typ II


II. Die zweite Art Schwindung, die nach dem Festwerden des Wachses einsetzt, ist für den Schmuckguß unproblematisch, da es sich um eine proportionskonstante Wärmeausdehnung oder besser hier Abkühlschwindung handelt.

So wie Metalle sich im festen Zustand linear und ohne Verwindungen bei Wärme ausdehnen und bei Kälte kleiner werden, verhalten sich Wachse in diesem Bereich auch linear.

Lediglich für die Berechnung des Gesamtschwundes ist dieses Schwinden entscheidend.



Daneben gibt es andere Probleme des Wachsspritzens die in der Praxis oft viel lästiger sind:


I. Abbildungsfehler der Oberfläche

II. Unvollständiges Ausspritzen der Form


3. Abbildungsfehler der Oberfläche,


können unterschliedlichste Ursachen haben und werden oft an den Wachsen nicht erkannt sondern für Fehler des Gusses gehalten.



Zuerst beschreiben wir den idealen Fließvorgang der Wachsspritzens:

Das Wachs soll im gesamten Querschnitt nicht zu schnell in die evakuierte Form rollend fließen.

Dann legt es sich glatt an die Gummiwände an und ergibt das perfekteste Modell. Dies gilt insbesonders für alle Wachse mit Harzzusätzen aufgrund deren hoher Adhäsion.













Der bekannteste Fehler dürfte die Elefantenhaut sein:


Hier ist Abhilfe einfach, das Wachs ist nur zu kalt und erstarrt bevor es sich an die Gummiwand glatt anlegen konnte. Falls Sie aus die Mischung Ihres Wachse Einfluß nehmen wollen könnten Sie auf Hartwachszusätze verzichten, da diese durch Ihre Kohäsionswikung die Neigung zur Bildung der Elefantenhaut wesentlich beeinflussen.


Schon seltener ist eine mit Ringen gesprenkelte Oberfläche:



Diese entsteht durch einsprühen des ersten Wachses in die Form und erst anschließendes ausfüllen mit Wachs.


Hier können mehrere Ursachen zusammenspielen:


a) zu kleiner Spritzkanal

b) zu dünnfließendes Wachs für eine zu große Form.


Abhilfe kann hier eine andere Wachssorte oder niedrigere Spritztemperatur oder manchmal auch nur niedrigerer Spritzdruck schaffen.


Ein weiterer Fehler, der meist erst beim Guß erkannt wird und daher auch für einen Gußfehler gehalten wird, ist die Minikrateroberfläche.


Da Wachse keine stark reflektierende Oberfläche (wie Metalle) besitzen, erkennt man die Minikrateroberfläche oder gesprenkelte Oberfläche meist erst beim Anschleifen oder Anpolieren der Güsse. Sie ist aber, an den glatten und unregelmäßigen Rändern der Krater, die keine kristalline Oberfläche haben, eindeutig von anderen Gußfehlern zu unterscheiden.

Im Wachsmodell läßt sich dieser Fehler als Mattigkeit der Oberfläche beim Polieren der Wachse, nach einiger Übung erkennen.

Beheben läßt er sich manchmal nicht einmal durch starke Erhöhung der Wachstemperatur sondern oft nur durch vorheizen der Gummiform, was die Haltezeit drastisch erhöht. Theoretisch kann dieser Fehler bei einwandfreier Evakuierung nicht mehr auftauchen. Manchmal hat aber alles reinigen der Gummiform und erhöhen des Anpressdruckes nichts genützt, so daß auf ein vorwärmen und lange Haltezeit nicht verzichtet werden konnte.


4. Unvollständiges ausspritzen der Form


Ein Fehler, der schon bei den ersten Spritzversuchen auftaucht und sich ärgerlicherweise selten 100%-ig vermeiden läßt. Gerade besonders einfache Formen verursachen am häufigsten Probleme. Formen mit runden oder oval-glatte Querschnitten haben bei geringer Oberfläche relativ hohes Volumen. Gerade diese Formen, lassen sich bei sauber hergestellten Gummiformen, schwer vollständig ausspritzen. Dünnwandige und vielfach verwinkelte Modelle, sind dagegen oft erstaunlich leicht auszuspritzen. Das liegt daran daß Restluft in der runden Form keinen Weg findet in die Schnittflächen zu entweichen.


Als schnellste Lösung bietet sich das Pudern der Form an, um Restluft besser herauspressen zu können. Allerdings sollte dann das erste Wachsmodell verworfen werden, da dies den Puder, der an dem Gummi haftet, aufgenommen hat und eine rauhe Oberfläche erhält. Diese Oberfläche erzeugt nach dem Guß und Trommelpolitur die bekannte Orangenhaut. Nach der Entnahme des ersten Wachsmodells ist aber der Hohlteil der Gummiform Puderfrei und es kann normal weitergearbeit werden.


Alternativen mit besseren Ergebnissen stellen Silbergraphitpuder oder am besten "Super-Dust" ein silbrig reflektierndes Puder in feinster Form, das in die Gummioberfläche eingepinselt werden kann. Das Wachs fließ nicht nur glatter und exacter in die Form sondern nimmt auch etwas Puder auf und enthält eine stark silbrig reflektiernede Oberfläche. So können nicht ausgelaufene Teile durch ihre dunklere Wachsfarbe sofort und ohne Vergleich mit dem Original erkannt werden.


Besser ist es jedoch für vollständiges evakuieren der Gummiform zu sorgen.

Mit Naturkautschukformen ist dies meist nur durch ölen der Schnittfläche zu erreichen. Leider verziehen sich diese Formen durch den Öleinsatz nach einiger Zeit und schließen dann überhaupt nicht mehr. Zur Abhilfe kann man die Gummiformhälften geöffnet für 24 Stunden auf einer Heizung oder Warmhalteplatte (bis 100 Grad Celsius) liegen lassen. Dann schließen sie wieder.


Mit Synthesekautschuk oder Siliconformen kann man nach immer wieder notwendiger Reinigung mit Wasser und Spülmittel, wesentlich bessere Ergebnisse in Bezug auf Abdichtung der Schnittflächen erzielen.


Falls es trotzdem auch hier in kleinen Kanten und Ecken zu unvollständig ausgeflossenen Modellen kommt, kann man sich mit zusätzlichen Schnitten in die Gummiform behelfen, die dann gepudert werden. So kann Restluft in diese Schnittflächen entweichen.



5. Forderungen an Spritzwachse


Für die Zukunft müssen Materialien entwickelt werden, die im festen Zustand:


Hohen Druck- und Zugbelastungen widerstehen, damit sie nicht verquetscht werden und beim Herausnehmen aus der Gummiform nicht brechen oder reissen.

Hier sind schon Entwicklungen in dieser Richtung gemacht worden wie sich an Testergebnissen nach DIN (DGF M III 9b) ablesen läßt.

Bei der Nadelpenetration wird der Widerstand eines Festkörpers gegen die Verformung durch das Eindringen eines genormten Spitzkegels bei definierter Temperatur in Zehntelmillimeter Eindringtiefe nach den Bedingungen der prüfmethode gemessen. Sie ist ein empirisches Maß für die Härte des Wachses.


Verglichen wurde:

Wachs hellblau Aqua super

Wachs rot MAX-WAX rot extrem dünnfließend

Wachs grün MAX-WAX grün neues Allgemeinwachs



Das Ergebnis zeigt deutlich daß die Enwicklung der 80 er Jahre, Max-Wax rot, bei dreifach besserer Fließfähigkeit schon gut doppelt so fest ist wie das Standardwachs Aqua Super.

Mit völlig neuem chemischen Aufbau Anfang der neunziger Jahre gelang es eine Vervierfachung des Festigkeitswertes bei MAX-WAX grün zu erreichen.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

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