Kapitel 14

Gasaufnahme der Legierungen


1. Gasporen


Im Gegensatz zu Lunkern, die abhängig vom Aufbau der Bäume, der Form der Stücke und der Volumenänderung sind, haben Gasporen im Guß nur sehr wenig mit der Form zu tun. Die Form hat mit den Gußtemperaturen nur Einfluß auf die räumliche Verteilung von Gasporen.


Der stark poröse Guß


Zuerst sollten wir uns zur Vereinfachung vorstellen, daß flüssige Schmuckgußmetalle sich verhalten wie Wasser und der feste Zustand dem Eis entspricht.

Wasser hat die Fähigkeit bei niedrigen Temperaturen ohne Volumenzunahme Gase gelöst zu halten. Diese Gase extrahiert können ein erhebliches Volumen haben. Daher können Fische im Wasser atmen (gelöster Sauerstoff im Wasser) und mit einer einfachen CO²-Patrone läßt sich im Heimsyphon Mineralwasser herstellen.


Wenn nun dieses Wasser, dem die gelösten Gase kaum oder gar nicht anzusehen sind, gefroren wird (dies entspricht dem Kristallisationsvorgang beim hart werden des Gusses), werden diese Gase, die in dem neuen Kristallgitter keinen Platz mehr haben, frei.


Da aber die Abkühlung an der Aussenhaut zuerst erfolgt, diese dadurch fest und dicht wird, können die gefangenen Gase nicht entweichen, sie bilden kleine Ballons und blähen die Form auf.

Beim Mineralwasser im Eiswürfelfach gehen sie wie Kuchenformen aus Schaum in die Höhe.

Beim Guß pressen sie das Gold an die Aussenform, die dadurch hervorragend glatt und glänzend werden kann sowie den Überschuß in den Hauptkanal und Eingußkegel.


Man kann diesen Effekt gut an zwei Dingen erkennen:


a) Der Gußkopf ist nicht glatt und eingesunken, sondern hochgewölbt und hat zusätzlich unregelmäßige Buckel auf der Oberfläche.


b) Die Gußteile, oder der gesamte Guß hat ein deutlich geringeres spezifisches Gewicht als es einer dichten Legierung entspricht.

Wenn man das Gußbäumchen in Wachs genau wiegt und danach das benötigte Metall mit kleinem Gußkopf berechnet, kann man einen stark porösen Guß am vergrößerten Gußkopf erkennen.



Der vollständig porenfreie Guß


Nehmen wir den Fall an, die flüssige Legierung sei vollständig gasfrei. Nach dem Guß läßt sich solch ein Guß an der deutliche Einsenkung des Gußkopfes erkennen. Hier entsteht nach dem Füllen der Form und dem Beginn der Kristallisation ein starkes Metalldefizit das für unterschiedliche Effekte sorgt:

a)

Große Lunker an den dicksten Stellen, von denen bei hohen Gießtemperaturen sogar einige bis an die Oberfläche reichen können. Die Schmuckstücke sind dann davon betroffen wenn nicht konsequent die Angüsse an die dicksten Stellen verlegt worden sind und Speiser oder Gußkanäle zu dünn sind.

b)

Wenn Fließmittel (Zink, Magnesim, AC) fehlen entstehen nadelige Hohlräume zwischen den Kristallen. Beim polieren entsteht immer eine matt-körnige Oberfläche. Echter Hochglanz ist nur schwer herstellbar.


c)

Bei zu hohen Temperaturen und ausreichend Zusatz an Fließmitteln (insbesonders Aluminium, Magnesium und AC) entstehen an Oberflächen der dickeren Gußteile, die von Speisern unterversorgt sind, halbkugelförmige Einsenkungen. Immerhin sind diese Einsenkungen, die durch Metalldefizit beim Kristallisieren entstehen deutlich weniger tief als Lunker, die bei sonst gleichen Bedingungen ohne Fließmittelzusatz entstanden wären.

Nach kräftigem Abfeilen der Schadstellen ist aber solch ein Guß völlig dicht.


Vermieden können diese Fehler aber durch klugen Aufbau der Bäume sowie passende, sprich niedrige Temperaturen.



Der geringfügig poröse Guß


Erkennbar ist dieser Guß schon am Gußkopf, dessen Oberfläche gerade und plan ist.


Da Legierungen schon beim Schmelzen sehr schnell Gase in sich aufnehmen und meist Gußkanäle zu frischem Gußgold (das allerdings auch unterschiedliche Gasinhalte hat) zusammengeschmolzen wird, haben fast alle Güsse einen geringen Gasinhalt.

Bei günstigen Voraussetzungen kann das freiwerdende Gas gerade das Volumendefizit durch Kristallisation ersetzen.

Wenn jetzt die Küvette nicht zu heiß ist und das Gußgold oder -silber in der Form an der Oberfläche schnell erkaltet und die Gasporen in den Kern des Gußstückes abgibt erhält man für die Praxis recht gute, brauchbare Güsse.

So lange man diese Güsse nicht stark anfeilt treten die Poren auch nicht zutage.


Dies ist der Grund dafür daß, selbst wenn Kanäle zu dünn und falsch plaziert sind, man so häufig mit geringstem Aufwand und zur Not ohne Sachkenntnis gute Güsse produzieren kann.


Trotz des höheren Aufwandes ist aber prinzipiell der vollständig porenfreie Guß anzustreben. Neben der Konstruktion der Bäume, die hier mit gutem Grund einen breiten Raum eingenommen hat muß als nächstes das Problem des Entgasens und Vermeiden von neuerer Gasaufnahme gelöst werden.


2. Gaslösefähigkeit und Extraktion gelöster Gase


Gelöst werden in den Schmuckgußlegierungen Kohlendioxyd, Sauerstoff und Stickstoff auf jeden Fall. Insofern hat deswegen keinen Sinn Stickstoffschutzgas zu verwenden. Möglicherweise werden schwere Edelgase nicht in so starkem Maße oder gar nicht gelöst. Dafür sprechen positive Erfahrungen von Gießern.


Interessant war festzustellen daß die Fähigkeit Gase zu lösen nicht nur unterschiedlich bei den Aggregatszuständen fest und flüssig ist, sondern auch flüssig - temperaturabhängig ist.


Diese Kurve zeigt zuerst, daß unglücklicherweise im idealen Temperaturbereich des Gießens die höchste und schnellste Gasaufnahme erfolgt. Sie zeigt aber auch zwei Möglichkeiten des Entgasens auf:


Kontrolliertes Abkühlen

wie es in Kapitel 8 beim patentierten Guß für z.B. Turbinenschaufeln beschrieben wird. Hier können alle überschüssigen Gase langsam an die Oberfläche steigen.

Ein solcher Block nimmt bei schnellem neuen Aufschmelzen und zügigem Guß nur wenig neue Gase auf.


Überhitzen des Gusses

für mehrere Minuten so daß die gelösten Gase ausgetrieben werden können.


Zum gießen muß dann die Legierung allerdings erst abgekühlt werden (je schneller desto besser)

 

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