Aktion: Fragen an Herrn Brepohl

 
Goldie
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Goldie

 ·  #1
Liebe Forengemeinde :)

Als angehender Goldschmied aber auch als alter Hase kennt man den Brepohl - das wohl bekannteste (und auch beste) Goldschmiedebuch.
Herr Brepohl hatte sich hier im Forum schon zu Wort gemeldet und ist wie ich weiss ein stiller Leser :)

Daher starte ich mal diesen Thread, in dem wir alle zusammen Fragen an Brepohl sammeln können. Fragen, die in den Büchern vielleicht noch nicht behandelt wurden oder Fragen, zu denen es einfach nur hoch interessant wäre mal die Meinung des Lebenswerk-Goldschmieds und Buchautor zu hören.

Los gehts mit Euren Fragen...
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #2
Zitat geschrieben von Goldie
Liebe Forengemeinde :)

Als angehender Goldschmied aber auch als alter Hase kennt man den Brepohl - das wohl bekannteste (und auch beste) Goldschmiedebuch.
Herr Brepohl hatte sich hier im Forum schon zu Wort gemeldet und ist wie ich weiss ein stiller Leser :)

Daher starte ich mal diesen Thread, in dem wir alle zusammen Fragen an Brepohl sammeln können. Fragen, die in den Büchern vielleicht noch nicht behandelt wurden oder Fragen, zu denen es einfach nur hoch interessant wäre mal die Meinung des Lebenswerk-Goldschmieds und Buchautor zu hören.

Los gehts mit Euren Fragen...



Liebe Goldschmiedekollegen, Hobby-Goldschmiede und Schmuckfreunde,

ich wende mich also an alle, die Freude daran haben, Schmuck zu machen, darüber hinaus auch an all diejenigen, die gern Schmuck tragen. Nach meiner Erfahrung haben es diejenigen, die den Beruf bei einem tüchtigen Meister in einer soliden Lehre erlernen, viel leichter als diejenigen, die den Zugang zur Schmuckherstellung aus eigener Kraft gewissermassen im Selbststudium erreichen wollen. Nachdem man jetzt einen Handwerksbetrieb ohne Gesellen- oder Meisterprüfung eröffnen kann, ist die Verlockung gross, es ganz allein, ohne die lästigen Zwänge einer gelenkten Berufsausbildung zu schaffen.
Aber Vorsicht: Es gibt immer noch eine erbarmungslose Prüfungskommission - und das sind die Kunden!

Diese Vielfalt der Möglichkeiten drückt sich ja auch in den Diskussionen des Forums aus, und so wäre es für mich eine reizvolle Aufgaben, allen, die Freude am Schmuckmachen habe, mit meinen Kenntnissen und Erfahrungen behilflich zu sein.
Es gilt noch immer, dass es keine dummen Fragen - durchaus aber dumme Antworten geben kann!

Ich bin jetzt 77 Jahre alt, habe 40 Jahre lang junge Goldschmiede ausgebildet, zuerst als Berufsschullehrer (1955-1960), dann als Fachschuldozent und Professor bis 1945 - kann also durchaus die Probleme der jungen Kollegen noch verstehen!

Seit 1953 bin ich Goldschmiedemeister. Ich kenne mich mit den Arbeitstechniken des Goldschmieds aus und, wie Sie aus meinem Lehrbuch erfahren haben, gehört bei mir auch die Fachtheorie dazu.
Etwa seit 1980 habe ich mich darüber hinaus vertieft mit historischen Goldschmiedetechniken beschäftigt, meinen Bearbeitung der Schriften des Mönchs Theophilus (Anfang 12. Jh.) und Benvenuto Cellinis (1. Hälfte des 16. Jh.) sind die Ergebnisse meiner diesbezüglichen Bemühungen.

Wenn Sie also meinen, dass ich Ihnen in irgendeiner Weise helfen kann, dann nutzen Sie diese Möglichkeit des Forums.

Immer dann, wenn ich etwas nicht weiss, werde ich das klar und deutlich sagen.
Fridolin
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Fridolin

 ·  #3
Sehr geehrter Herr Brepohl!

Hoffentlich darf ich als neuer im Forum gleich eine Frage stellen. Wie würden Sie den Wandel der historischen Goldschmiedetechniken bis Heute in einen o. zwei Sätzen ausdrücken?
Oder ist das nur für fachliche Fragen? :oops:
Goldie
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Goldie

 ·  #4
hallo fridolin und herzlich willkommen im schmuckforum :)

nun angedacht waren in der tat fachfragen aber ich denke mal prof. dr. erhard brepohl findet vielleicht zwischendurch auch antworten auf solche fragen. ich persönlich finde diese frage sehr interessant.

lg
martin
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #5
Lieber Fridolin,

Ihre Frage ist durchaus eine fachliche Frage, und ich will gern die zwei gewünschten Sätze aufschreiben, erlaube mir allerdings, mich zu diesem wichtigen Thema noch etwas ausführlicher zu äussern.

1. Es gibt keinen "Wandel der historischen Goldschmiedetechniken bis heute", die Arbeitstechniken haben sich in Wechselwirkung mit den gestalterischen Anforderungen von den ersten Anfängen bis in die Gegenwart kontinuierlich entwickelt, und wir benutzen Arbeitstechniken, die schon vor mehr als 3000 Jahren im Alten Ägypten üblich waren.

2. Im Mittelalter waren die Goldschmiedetechniken so weit perfektioniert worden, dass wir heute noch prinzipiell diese Verfahren benutzen, nur die Arbeitsmittel (Werkzeuge, Maschinen, Hilfsmittel), mit denen wir das Werkstück bearbeiten, sind verbessert worden, z. B. benutzen wir zum
Schmelzen, Glühen, Löten nicht mehr das Holzkohlenfeuer, sondern Elektroofen, Gasbrenner, Mikrobrenner, Lasergerät.

Ihre Fragestellung interpretiere ich in meiner Weise etwa so:

Die historischen Goldschmiedetechniken, schön und gut, in den Museen kann man sehen, was damit gemacht worden ist, aber das ist längst vorbei, die modernen Schmuckgestalter machen das ganz anders, was isat aus den alten Techniken geworden?

Während ich dies schreibe habe ich in meinem Arbeitszimmer vor mir die Abbildung des goldenen Sarkophags des Tut-ench-amon, eines völlig unbedeutenden altägyptischen Pharaos, der vor mehr als 3000 Jahren in jungen Jahren starb. Dieser Sarkophag musste gross genug sein, um die Mumie des Jünglings aufnehmen zu können. Man brauchte also zwei ziemlich dicke Feingoldbleche, eines für den Sarg, das andere für den Deckel.

Immer, wenn ich aus der Goldschmiede-Zeitung erfahre, dass ein hoffnungsvoller junger Goldschmied ein bedeutendes Schmuckstück auf einer bedeutenden Ausstellung gezeigt hat, stelle ich mir die ganz einfache Frage:

"Und wie hat vor mehr als 3000 Jahren mein ägyptischer Kollege das Gold für die beiden Sargplatten geschmolzen, gegossen und - Eisen kannte man noch nicht - so gleichmässig zu einem Blech dieser Grösse ausgeschmiedet?" Und wie hat er dann mit Gesichtsmaske, Zelleneinlagen usw. daraus ein Kunstwerk gemacht.

Die Wechselwirkung von gestalterischer Idee und handwerklicherlicher Ausfühung, die Einheit von Kunst und Handwerk ist hier perfektioniert.

Wir wissen nicht, welche Goldschmiede diesen Goldsarkophag entworfen und realisiert haben, welche Werkzeuge und Hilfsmittel sie verwendet hatten - wir haben nur das Produkt, das Werkstück. Und wir kennen all die Goldschmiedearbeiten, die aus diesen Grab geborgen werden konnten.

Wenn Sie noch einmal Ihre Fragestellung betrachten, sieht es mit dem "Wandel der historischen Goldschmiedetechniken bis heute" gar nicht so gut aus.

Mit freundlichen Grüssen
Fridolin
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Fridolin

 ·  #6
Sehr geehrter Herr Brepohl!

Mit so einer ausführlichen Antwort habe ich nicht gerechnet. Ich bin erstaunt wie brillant man dieses Thema anpacken kann. Meine Frage ist eindeutig beantwortet. Dankeschön dafür. Logisch ist es ein Rätsel wie und womit die damals so prunkvolle Schätze erschaffen konnten aber das bleibt bestimmt ein ewiges Geheimnis.
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 ·  #7
Hallo Herr Brehpol,

Habe da eine Frage:
Früher bestand Schmuck aus Gold, Silber oder auch Platin. Heut wird Schmuck mehr und mehr aus unedlen Material wie Carbon... hergestellt. Was halten Sie von dieser Entwicklung? Und vorallem was hat das für Folgen für den Beruf Goldschmied?

Marita
Goldie
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Goldie

 ·  #8
@marita:
nur am rande, Prof. Dr. Brepohl nicht aber Brehpol...
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 ·  #9
Hallo,

sorry

Marita
Fridolin
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Fridolin

 ·  #10
Marita ich bin nicht Herr Brepohl, will mich der Frage dennoch annehmen.
Goldschmied ist Goldschmied.
Gegenfrage: Warum soll Carbon den Beruf beeinflussen? Ist doch quatsch!
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #11
Liebe Marita,

obgleich mein Name nicht von der Rechtschreibereform betroffen ist, haben sie ihn so geschrieben, wie er gesprochen wird! Es gibt einige Möglichkeiten, meinen Namen zu verändern, zahlreiche Kollegen und Autoren haben das inzwischen ausprobiert, trotzdem wusste man immer wer gemeint ist.

Sie beginnen mit einer pauschalen Einschätzung der Schmuck-Werkstoffe, aber das ist der falsche Ansatz. Ganz früher wurde der Schmuck aus Knochen, Holz, Muscheln, Tierzähnen hergestellt. Als man gelernt hatte, mit Metallen umzugehen, kamen Kupfer, Bronze, Gold dazu; sehr viel später Silber. Seit mehr als 3000 Jahren wurden diese Metalle mit farbigen Steinen, Glas, Keramik kombiniert (Altägypten!). Platin konnte man erst seit der Mitte des 19. Jahrhundert verwenden, denn vorher konnte man es nicht erschmelzen.

Mit dem Jugendstil (etwa 1880 - 1910) wurden hemmungslos alle denkbaren Materialien als Werkstoffe der Schmuckgestaltung genutzt: Eisen, Bronze, Glas, Schildpatt, Horn, Elfenbein, Holz etc. Diese Befreiung von den verstaubten Regularien der Materialauswahl des Historismus gehört zu den bedeutendsten Nachwirkungen des Jungendstil.

Heute sind wir in der glücklichen Lage, alle nur denkbaren Werkstoffe zur Schmuckgestaltung nutzen zu können.

Sie fragen nach den "Folgen für den Beruf Goldschmied".
Meine ganz klare Antwort: Das ist wunderbar, denn die Ausdrucksmöglichkeiten des Goldschmieds sind fast grenzenlos erweitert worden. Damit wird nichts am Berufsbild des Goldschmieds verändert, er muss die Bearbeitung der Edelmetalle sicher beherrschen, und diejenigen, die ihre Unfähigkeit mit irgendwelchem "Experimentalschmuck" kaschieren wollen, wird man schnell erkennen.

Den von Ihnen erwähnten Carbonschmuck habe ich in die Neuauflage meines Buches mit Bild und Text aufgenommen.

Man kann Schmuck aus rostigen Nägeln, bedruckten Blechen von Konservendosen, Zeitungspapier etc. machen, vorausgesetzt, dass die überzeugende Idee eines Gestalters dahinter steht. Wenn man das Schmuckstück gern in die Hand nimmt, an den Finger steckt, über die Hand auf den Arm schieben, um den Hals legen möchte, dann ist es egal ob es aus diamantbesetztem Platin oder geschnitztem Holz gemacht worden ist!

Nun noch ein Wort an Fridolin,

wahrlich, Sie sind nicht "Herr Brepohl", denn es gehört zu dessen Gepflogenheiten, auf jede Anfrage. beispielsweise auch die Ihrige, ausführlich und verständnisvoll einzugehen.

Sich einer Frage auf Ihre Weise, anzunehmen, nämlich nichtssagend und arrogant, ist seine Art nicht. In den 45 Jahren seiner Lehrtätigkeit hat er niemals "Ist doch quatsch!" benutzt - bezogen auf die Art, wie Sie sich der Frage einer Kollegin angenommen haben, käme ihm allerdings eine solche Bewertung in den Sinn.

Mit besten Grüssen
...
 
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...

 ·  #12
Zitat geschrieben von Erhard Brepohl
Nun noch ein Wort an Fridolin, ...

Hallo Herr Prof. Dr. Brepohl, ich muß gestehen, dass ich bis hier her Zweifel an der Authentizität des virtuellen "Erhard Brepohl" hatte. Jedoch haben mich Wortwahl und Qualität der Rüge überzeugt.

Ich möchte nun die Gelegenheit ergreifen, (m)eine Frage an Sie zu richten:
Wenn Sie Ihre Augen schließen und dann an Ihren ersten Besuch einer Goldschmiede-Werkstatt zurück denken, was sehen und riechen Sie? Was fühlen Sie ob der Erinnerung?

Es grüßt
Mario Sarto
Fridolin
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Fridolin

 ·  #13
Herr Brepohl und Marita bitte verzeihen Sie meine untrefflichen Worte. Arrogant wollte ich ganz sicher nicht antworten.
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #14
Lieber Mario Sarto,

beim ersten Besuch der Werkstatt meines Vaters hat meine Mutter wohl das Baby auf dem Arm getragen. Seit dieser Zeit war ich, der älteste Sohn, zum Goldschmied bestimmt. Später, während der Schulzeit, also in den 1930er Jahren, feilte und sägte ich schon mal ein Stück Messing.

Spontan verbindet sich mit dieser Werkstatt immer die Wendeltreppe, auf der ich später so oft hinaufgestiegen und wie beim Feuerwehreinsatz heruntergerannt bin, wenn ich allein war und die Ladentür klingelte.

Und da gab es noch die geniale Erfindung meines Vaters: Ein kleiner hölzerner Briefkasten, oben und unten an einen Bindfaden befestigt, der unten im Laden und oben in der Werkstatt über je ein Kinderwagenrad gespannt war, diente als Transportmittel für die Reparaturbeutel; mit einer Öse und einen Spannfaden wurde der Kasten geführt. Wenn er unten ankam, schlug eine Uhrfeder gegen eine Klingelschale, damit man vorn, im Verkaufsraum, informiert war.

Eigentlich wäre ich durch den so frühen, engen Kontakt mit der Werkstatt ganz allmählich in die Goldschmiedelehre hineingerutscht. 1942 bis 1946 war diese Entwicklung jäh unterbrochen worden, weil mein Vater als Soldat und später als Kriegsgefangener Europa bereiste.

Als ich 1946 die Ausbildung in der Werkstatt meines Vaters begann, erfüllte sich mein Berufswunsch, und so sind seit 60 Jahren, Beruf und Hobby immer identisch geblieben: Goldschmied!

Lieber Mario Sarto, nun wissen Sie, wie aus mir ein Goldschmied geworden ist!

Mir besten Grüssen
...
 
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...

 ·  #15
Zitat geschrieben von Erhard Brepohl
..., erfüllte sich mein Berufswunsch, und so sind seit 60 Jahren, Beruf und Hobby immer identisch geblieben: Goldschmied!


Dem ist nichts hinzu zu fügen. Ich danke Ihnen.

Es grüßt
Mario Sarto
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 ·  #16
Hallo Herr Brepohl,

erstens, entschulding für das falsch schreiben ihres Namens.
zweitens, danke für die ausführliche Antwort meiner Frage.

Marita
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 ·  #17
Hallo Herr Brepohl, es freut mich,Sie hier wieder zu treffen. Es schickt Ihnen herzlichste Grüsse eine ehemalige FAK' se(zur Erklärung:Fachschule für angewandte Kunst Heiligendamm)Darf ich fragen,ob Sie jetzt in Wismar lehren ?
L.G. Susa
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #18
Sehr geehrter Herr Prof. Brepohl, liebe Forumsteilnehmer,

ich möchte hier und jetzt keine Frage stellen, sondern einfach nur meinen Gedanken Ausdruck verleihen. Angesprochen wurde das Thema bereits von Ihnen, Herr Prof. Brepohl: Die Abschaffung der Notwendigkeit des Großen Befähigungsnachweises in unserem Handwerk, zum Zwecke der selbständigen Ausübung des Gewerks Goldschmied.

Ich möchte hier weder ein Lamento für, noch gegen diesen Sachverhalt beginnen, dazu habe ich ohnehin meine eigene Meinung. Mir geht es um die Auswirkungen. Bereits jetzt zeichnen sich verschiedene Entwicklungen ab, die in mir den Eindruck geweckt haben, dass sich die Zukunft unseres geliebten Berufen wohl mehr und mehr fernab von den klassischen Ausbildungsformen gestalten wird. Da es rechtlich nicht mehr nötig ist zur Ausübung dieses Berufes eine Lehre durchlaufen zu haben, eine Gesellen-oder Meisterprüfung abgelegt zu haben, dürfte der Anteil an „Selfmade-Goldschmieden“ stetig steigen. Da diese wiederum keine Erlaubnis besitzen Lehrlinge auszubilden, wird es zweifellos zu einer Spaltung des Handwerks kommen. Hier die „Ordentlichen“, dort die „Selbstgestrickten“. Das dies ohne Folgen für unseren zukünftigen beruflichen Nachwuchs bleibt, halte ich für ausgeschlossen.

Wir haben oder hatten(?) einmal eines der vielversprechendsten beruflichen Ausbildungssysteme, das Duale. Dies wird mit Sicherheit weiter empfindlich geschwächt werden, da der berufliche Nachwuchs aus dem Bereich der „Selbstgestrickten“ allenfalls die Möglichkeit hat, die berufliche Schule für Hilfsarbeiter zu besuchen, aber auch keine Prüfung abzulegen braucht und nicht darf. Andererseits beobachten wir, beispielsweise in den USA, ein recht hochstehendes Goldschmiedeniveau. Und das, obwohl es dort weder Berufsschulen noch Lehrverträge, oder gar Handwerkskammern gibt. Die Wege der Weitergabe beruflichen Wissens haben sich verlagert, aber sie sind nicht etwa verschwunden. In manchen Bereichen, etwa dem der Ziseleure, oder auch der Flachstichgraveure, sind die Amerikaner uns deutschen Verbandshandwerkern sogar fachlich überlegen. So empfinde ich es jedenfalls.

Aus diesen Erwägungen bin ich daher der Ansicht, dass sich zukünftig ein großer, wenn nicht sogar maßgeblicher Bereich unserer beruflichen Ausbildung im rein privaten Bereich abspielen wird. Einen guten Anfang dazu sehe ich in den verschiedenen Internet-Foren, besonders in diesem. Ich beobachte seit geraumer Zeit die Entwicklung, vor allem im Bereich der jungen Mitglieder. Hier gibt es eine breite Hobby-Gemeinde neben Fachleuten, die in einem erstaunlich koopreativen Verhältnis zueinander stehen. Der Eine fragt, der Andere antwortet. Und es „kommt was rüber“, wie man so sagt. Außerdem meine ich bemerkt zu haben, dass bei vielen „Hobbyleuten“ ein Feuer in der Brust brennt, was ich bei den „Ordentlichen“ schon seit längerem und immer stärker vermisse. So gesehen, könnte es also sein, dass die Zukunft des Goldschmiedehandwerks in Deutschland, gar nicht mehr sooo sehr von den alleinseligmachenden und eingestaubten Institutionen bestimmt wird.

Es tut sich also etwas. Nicht im Scheinwerferlicht, nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern fast subversiv, ganz unten an der Basis. Und es ist spannend, die Entwicklung zu beobachten. Eine besondere Freude für mich, ja eine Überraschung ist es, dass Sie, Herr Prof. Brepohl, sich an dieser zukunftsträchtigen Entwicklung beteiligen. Eine Entwicklung, die sicherlich Sprengstoff beinhaltet, da sie, in die richtigen Kanäle geleitet, sicherlich Erfolge und weitere Entwicklungen erwarten lässt.

Das Weitergeben von Wissen über unsere modernen Medien, birgt gewaltige Chancen. Und es hilft einen verkrusteten und selbstorientierten Beamtenapparat aufzubrechen. Es hilft unseren Jugendlichen Chancen zu eröffnen, es hilft aber auch unserem Handwerk! Man muss heute ganz einfach über viele Themen ganz neu nachdenken.

Viele Grüße
Ulrich Wehpke
XSilbermondX
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XSilbermondX

 ·  #19
Hallo, lieber Herr Dr. Bepohl,

herzallerliebsten Dank, daß Sie Ihre Zeit für all unsere Fragen opfern!!!

Ich habe ein kleines Problem mit dem Ätzen. Das getrocknete Vernice Noir auf Silber platzt beim Einritzen auch an ungewollten Stellen ab, wodurch die Ätzung natürlich unschön wird. Was gibt es da für Möglichkeiten? Darf ich es vielleicht nicht zu trocken werden lassen? Oder gibt es einen Mischzusatz, daß die Oberfläche nicht so spröde ist?
Zum Ätzen benutze ich 12 %ige Salpetersäure. Sollte ich evtl. höher dosieren?
Vielen Dank für Ihre Antwort.

Liebe Grüße

Silbermond
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #20
Lieber Kollege Wehpke,

Sie haben meine Kurzinformation zur Gewerbefreiheit aufgegriffen, mit Ihrer Grundhaltung bezüglich Profi- und Hobbygoldschmieden bin ich ausdrücklich einverstanden, mit der Lehrausbildung stimmt das so nicht. Kurzum: Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dieses leidige Thema hier und jetzt grundsätzlich zu behandeln, und dazu begrüsse ich ausdrücklich diejenigen, die es direkt betrifft:

Liebe Hobby- und Profi-Schmuckmacherinnen und -macher!

Bei der Vorbereitung der 16. Auflage meines Goldschmiedelehrbuchs "Theorie und Praxis des Goldschmieds" ging es mir u.a. um die ganz einfache Frage:

"Kann man einen Goldschmiedebetrieb auch ohne Meisterprüfung eröffnen? JA oder NEIN!"

Ich befragte befreundete erfahrene Kollegen, Innungsobermeister: Lauter Widersprüchlichkeiten!

Ich blätterte in den umfangreichen Goldschmiedezeitungen: Nichts! Kein Thema!

Also machte ich das was sich nach meiner Erfahrung in solchen Fällen immer bewährt hat, ich wandt mich an die oberste Instanz, in dem Fall an den Zentralverband des Deutschen Handwerks, und von Justiziar Klaus Schmitz bekam ich am 25.7.06 eine leicht verständliche konkrete Ant-wort:

"Die in ihrem Brief aufgeworfenen Fragen zur selbständigen Ausübung des Goldschmiedehandwerks lassen sich relativ leicht beantworten:
Mit der Novellierung der Handwerksordnung zum 1. Januar 2004 wurde das Goldschmiedehandwerk aus dem Bereich der zulassungspflichtigen Handwerke der Anlage A zur HwO herausgenommen und dem Bereich der zulassungsfreien Handwerke (Anlage B1 zur HwO) zugeordnet.
Dies bedeutet, dass jedermann das Goldschmiedehandwerk als stehendes Gewerbe selbständig ausüben darf, unabhängig von der beruflichen Qualifikation. Damit ist selbst eine Gesellenprüfung als Voraussetzung einer selbständigen Betätigung im Goldschmiedehandwerk entbehrlich."

Zur Information muss man wissen, dass mit dem 1.1.04 in der Anlage A der Handwerksordnung nur einige Berufe aufgelistet sind, in denen der Betriebsleiter ein Handwerksmeister sein muss, um die Qualitätsstandards zu sichern, wie Optiker, Elektriker.

Um es ganz klar zu sagen: Jeder, der Schmuck macht und dies zu seinem Beruf machen will, bekommt von der Handwerkskammer eine diesbezügliche Gewerbegenehmigung zur Eröffnung eines Goldschmiede-Handwerksbetriebs ohne jeglichen Nachweis der beruflichen Qualifikation.

"Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung", hiess es am Ende des Schreiben. Also rief ich an und fragte, wie es mit der Ausbildung von Lehrlingen sei und erfuhr:

"Jeder, der einen Goldschmiede-Handwerksbetrieb führt, ist berechtigt, Lehrlinge auszubilden!"

Lieber Kollege Wehpke, offensichtlich sind die Lehrlinge aus Meisterbetrieben und aus den freien Betrieben gleichberechtigt, müssen also beispielsweise die gleiche Berufsschule besuchen
Da, wie gesagt, in offiziellen Fachkreisen über dieses Thema nicht gesprochen wird, weiss ich nicht, ob die Gleichbehandlung beider Lehrlingsarten so funktioniert, so sehr viele Beispiele dafür gibt es wohl gegenwärtig noch nicht. Wir werden sehen.

Das als sind die Fakten! Aber Jammern hilft nicht!
Die Gewerbefreiheit der EU hat das gute alte System der Goldschmiedeausbildung besiegt!

Hier endet die sachliche Information!
_______________________________________________________

Für mich ganz persönlich ist diese Situation schockierend! Ich habe lebenslänglich junge Goldschmiede auf dem Weg der Berufsausbildung sowohl als Lehrer als auch als Buchautor begleitet.

Im Vorwort zur 16. Auflage von "Theorie und Praxis des Goldschmieds" habe ich meine persönliche Meinung zu dieser neuen Situation so ausgedrückt:

Ich bin stolz auf meinen "Goldenen Meisterbrief", und ich empfehle aus meiner 40jährigen Erfahrung als Goldschmiedelehrer die solide Ausbildung unter Anleitung erfahrener Meister und Fachlehrer mit Gesellen- und Meisterprüfung, aber wir sollten auch die jungen Leute ernst nehmen, die voller Begeisterung für die Goldschmiedekunst ihren eigenen Zugang zu unserem Beruf suchen. Sie gehören nun auch ganz offiziell dazu, denn das traditionelle Reinheitsgebot der deutschen Goldschmiede

- Erst die Meisterprüfung, dann die Geschäftseröffnung -

gilt seit 2004 nicht mehr, und wir müssen uns auf die neue Situation einstellen, daß nämlich jeder, der es sich zutraut, bei der Handwerkskammer ganz unkompliziert einen Goldschmiede-Gewerbebetrieb anmelden kann. Keine Gesellenprüfung, keinen teuren Meisterlehrgang mit Meisterbrief, keinen Nachweis praktischer Tätigkeit - die Freiheit ist grenzenlos!

Aber, wie jedes Schnäppchen, hat auch dieses hübsche Sonderangebot einen Haken, denn es gibt eine Prüfungskommission, an der man sich nicht vorbeimogeln kann, die den Jungunternehmer gnadenlos überprüft und keine Schwäche, keinen Fehler durchgehen läßt: Seine Kundschaft!

Ob mit oder ohne Prüfung, die Kunden verlangen meisterliche Qualität! Die Schmuckstücke im Schaufenster des "Freien Goldschmieds" sollten nicht schlechter, sondern möglichst deutlich besser und etwas billiger sein als beim Goldschmiedemeister auf der anderen Straßenseite: "Kon-kurrenz belebt das Geschäft". Scharlatane, unsolide Hobby-Künstler, Pfuscher, durchgefallene Meisterprüflinge haben keine Chance. Wer aber Talent hat, die "Goldschmiedekunst" als Lebensinhalt empfindet, fleißig und zielstrebig am Werkbrett arbeitet, Fehler und Mißerfolge zur Erkenntnisgewinnung nutzt, kann es schaffen.

Neben dem Werkbrett sollte aber unbedingt das teure "etwas öde und angestaubte" Fachbuch stehen, in dem "der Autor nur so mit Fachbegriffen um sich wirft", und von dem es in einer US-amerikanischen Rezension heißt:

"Wenn Du nur zwei Bücher in Deiner Werkstatt hast, muß eines davon 'Der Brepohl' sein!' "

Seit 50 Jahren wurde mir immer wieder versichert, dass der Goldschmied von der Schmuckindustrie und das gedruckte Buch von Fernsehen, Video, CD etc. verdrängt werden würden. Weil ich mich davon nicht beirren liess - und weil Qualität sich doch irgendwie durchsetzt - habe ich mich mit meinen Büchern durchsetzen können.
Ich hoffe, dieses schwierige Problem etwas aufgehellt zu haben!

Und wie geht es weiter?

Nur ein Beispiel: Zahnschmerzen!

Gleich um die Ecke die Praxis von Dipl.med. Heidemarie Müller,
zwei Strassen weiter: Dr. med. dent. Friederike Hoffmann.
Na, wohin werden Sie gehen?

Ähnlich wird es sich bei den Goldschmieden entwickeln: Der Meisterlehrgang ist ja nicht nur teuer, zeitaufwändig, stressig, sondern auch interessant, lehrreich, nützlich für eine solide berufliche Zukunft.

Ich bin sicher, dass die Gewerbefreiheit dafür sorgen wird, dass die Kunden, vielleicht erst nach "Geiz-Geil-Erfahrungen"und ihrem Anspruch entsprechend, den Laden an dessen Eingangstür "Goldschmiedemeister" steht oder das Studio eines Schmuckdesigners suchen werden!

Qualität wird sich auch zukünftig durchsetzen, und für den Goldschmied bedeutet dies von alters her eine solide Grundausbildung - ob unter Anleitung eines erfahrenen Meisters oder im Selbststudium - das mag jeder für sich entscheiden.

Das Ende des Goldschmiedehandwerks ist nocht nicht in Sicht und manchmal kann man sogar die Goldschmiedekunst erkennen!

Erhard Brepohl [/i]
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #21
Sehr geehrter Herr Professor Brepohl,

eine interessante Aussage vom Bundesverband. Sie steht in puncto Lehrlingsausbildung, in krassem Gegensatz zu allem was ich bisher zu diesem Thema gehört habe.

Wenn tatsächlich jeder der einen „eingetragenen Handwerksbetrieb“ leitet ausbilden darf, dann können wir das Thema Lehrlingsausbildung getrost vergessen.

Nach der Ihnen durch den Bundesverband erteilten Auskunft, darf heutzutage jeder Berufsfremde, der sich in die Rolle eintragen lässt und seine Beiträge zahlt, einen Fachbetrieb führen und wohl auch unseren beruflichen Nachwuchs ausbilden.

Unter diesen Vorzeichen halte ich funktionierende Fachforen, für noch wichtiger als bisher. Wenigstens brauchen wir uns keine Sorgen um das Wohlergehen der Handwerkskammern und der Berufsschulen zu machen, denn sie sind die Nutznießer dieser Tragödie. Ob die Berufsschulen allerdings mit der Qualität der künftigen Schüler zufrieden sein können, wage ich zu bezweifeln. Bei diesen Konstellationen, ist die Katastrophe nach meinem Dafürhalten ohnehin vorprogrammiert.

Es passt in die Zeit, es passt zu einer langen Reihe von Fehlern, die von niemand verantwortet werden. Die Verbände führen ein eigenes, nicht mehr durchschaubares, geschweige denn kontrollierbares Leben. Viele der getroffenen Entscheidungen sind nicht mehr nachvollziehbar und werden anscheinend fernab vom beruflichen Alltag, in völliger Isolation getroffen. Dazu gehören z. B. auch die beruflichen Inhalte und das ganze Prüfungswesen bei den Goldschmieden. Die Praxis zeigt, dass Gesellenprüfungen einfach nicht mehr kontrollierbar sind, weil zwischen zugekauften, vorher produzierten und prüfungsrelevanten Teilen nicht mehr unterschieden werden kann, weil der Schummelei durch die neuesten Änderungen Tür und Tor geöffnet wurde. Selbst mir als verantwortlichem Ausbilder, ist ein Nachvollziehen der Angaben und Deklarierungen nicht mehr in allen Fällen möglich! Und das, obwohl ich sozusagen dabei stehe!

Oder ein anderes Beispiel: Früher gab es den Edelstein- oder Juwelenfasser. Dieser Beruf wurde zugunsten der Berufsbezeichnung „Gold-u. Silberschmied, Fachrichtung Edelsteinfassen“ gekippt. Prüflinge müssen seither, genau wie jeder andere Goldschmied, ein goldschmiedisches Prüfungsstück anfertigen, welches sie anschließend auch ausfassen müssen.

Da althergebrachte Juwelenfasser-Meister als reine Detailspezialisten über die erforderlichen Kenntnisse und Möglichkeiten zur goldschmiedischen Vollausbildung nicht verfügen, werden folgerichtig auch keine Lehrlinge mehr ausgebildet und dieser ganze Bereich driftet aus den Betrieben in schulische Bereiche ab, wo gelernte Goldschmiede in Kursen ihre Fasser-Kenntnisse aufgepfopft bekommen. Darüber gibt es dann ein einruckschinden sollendes Diplom. Die Kenntnisse werden oft von lupenreinen Theoretikern vermittelt, deren praktische Fertigkeiten allenfalls ausreichen, ihren Anspruch auf die eigene Kritikfähigkeit zu untermauern.

Ob diese Maßnahmen allerdings eine Lehre bei einem Juwelenfassermeister ersetzen können, bezweifle ich sehr. Ähnlich verläuft es bei den Silberschmieden. Mir scheint, dass praxisfremde, realitätsferne Beschlüsse und Anordnungen seitens des Bundesverbandes, in der jüngeren Vergangenheit zugenommen haben, und ich befürchte, dass die dadurch bereits entstandenen und noch entstehenden Schäden, nicht wieder gut zu machen sind. Einer der nicht wieder gut zu machenden Schäden, ist die Opferung des Meistertitels auf dem Altar der europäischen Neuordnung. Warum nur, muss sich immer das Schlechtere durchsetzen?

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Wehpke
Goldie
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Goldie

 ·  #22
@ prof. dr. brepohl:

ich finde ihre ausführungen zur situation des berufsstandes treffend und richtig.

@ all:

es ist ein 2-schneidiges schwert und ich verstehe die goldschmiedemeister denen die haare zu berge stehen aber auch die die sich freuen sich selbst verwirklichen zu können, und das ohne grössere "hürden".

da sich letztere selber aber zu diesem thema so gut wie nie äussern ist es schwer eine ordentliche diskussion darüber zu führen.

um so mehr würde es mich freuen, wenn es doch noch zu einer solchen ausgewogenen diskussionen kommen würde. schon vor längerer zeit habe ich dafür eigens einen thread nur für dieses thema eröffnet und lade nun alle ein dieses spannende thema dort intensiv zu diskutieren: [Links sind leider nur für eingeloggte sichtbar]

um diesen thread "aktion - fragen an herrn brepohl" übersichtlich zu halten bitte bei verweisen auf detail-threads ausschliesslich dort weiter disktutieren!

übrigens ging wegen diesem wichtigen thema auch eine frage von XsilbermondX unter.
@ prof. dr. brepohl: es würde mich freuen, wenn sie sich der fragen unserer mitglieds silbermond noch widmen.


herzllichen dank und lg
martin
chrisi
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chrisi

 ·  #23
Hallo,
selbst ich als absoluter Laie habe den " Brepohl" in der Wekstatt liegen und lese darin immer mal nach. Bin absolut hoch erfreut H. Prof. Dr. Erhard Brepohl im Forum kennen zu lernen. Ich habe schon manche Stunden in der Werkstatt verbracht und war echt traurig, Zornig, darüber nicht in Jungen Jahren den Goldschmied erlernt zu haben, leider gehöre ich zu denen die sich mühsam alles selbst bei bringen, da ich bei den Goldschmieden in meiner Umgebung bei Fragen nur müde belächelt wurde, ausser in Strasbourg da gibt es einen Goldschmied dem ich es verdanke das ich nun überhaupt Silber und Damastzenerstahl verbinden kann. Ich bin ich sehr froh darüber das es das Forum gibt.
Weiter so.
Christine [Links sind leider nur für eingeloggte sichtbar]
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #24
Ich habe ein kleines Problem mit dem Ätzen. Das getrocknete Vernice Noir auf Silber platzt beim Einritzen auch an ungewollten Stellen ab, wodurch die Ätzung natürlich unschön wird. Was gibt es da für Möglichkeiten? Darf ich es vielleicht nicht zu trocken werden lassen? Oder gibt es einen Mischzusatz, daß die Oberfläche nicht so spröde ist?
Zum Ätzen benutze ich 12 %ige Salpetersäure. Sollte ich evtl. höher dosieren?

Lieber Silbermond,

in meinem Buch "Theorie und Praxis des Goldschmieds" finden Sie einige Informationen zum Thema Ätzen. Erlauben sie mir aus meiner Erfahrung eine Anmerkung: Wenn man es ernsthaft betreiben will, ist Ätzen genauso schwierig wie beispielsweise das Granulieren - und wenn man es geschafft hat, ist das Erfolgserlebnis genauso gross.

Nur mal so auf die Schnell ein bisschen ätzen - das wird nichts!

Die Konzentration der Salptersäure im Ätzmittel ist abhängig von der konkreten Situation: Strich- oder Flächenätzung, Ätztiefe usw.

Langsam mit verdünnter Lösung zu ätzen ist immer anzuraten. Geduld ist besser als aufschäumende Ätzlösung!

Wichtig ist das Abstreifen der Gasbläschen mit der Gänsefeder (deren Beschaffung allerdings in unsere Tiefkühl-Gesellschaft gar schwierig ist).

Zu empfehlen ist immer die Arbeitsprobe, die genauso präpariert ist wie das Werkstück und an der man jederzeit den Fortschrit der Ätzung kontrollieren kann, ohne das Werkstück anzufassen.

"Das getrocknete Vernice Noir auf Silber platzt beim Einritzen auch an ungewollten Stellen ab." Ihre Vorliebe für französische Fachbegriffe veranlasst mich zu einer spontanen Übersetzung "Schwarzer Firnis", aber das bringt mich auch nicht weiter, denn dieses Abdeckmittel kenne ich nicht.

Ich kenne aber den Ärger mit der spröden, bröcklichen schwarzen Überzug, der wohl damit identisch ist - aber diese Erfahrungen liegen etwa 25 Jahre zurück! Seitdem beschäftige ich mich mit anderen Dingen.

Ich habe aber eine, wie ich meine empfehlungswerte Empfehlung:

Werkzeughandlung Karl Fischer Pforzeim
[Links sind leider nur für eingeloggte sichtbar]

bietet in ihrem Katalog an:

Decklack, rot, Best. Nr. G-7485/ 100 ccm Euro 7.60

Decklackverdünnung Best. Nr. G-7486 250 ccm Euro 5.30

Als Gefahrgutsendung kommen noch Euro 24 dazu - eventuell sollte man die Fläschchen in Pforzheim abholen!

Lassen Sie nun den silbernen Mond aufsteigen und informieren Sie uns gelegentlich über Ihre Erfahrungen und Ergebnisse

Mit besten Grüssen
XSilbermondX
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XSilbermondX

 ·  #25
Hallo, Goldie,
danke Dir, daß Du so schön aufpasst ;-)

Lieber Herr Dr. Brepohl,

vielen Dank für die ausführliche Antwort! Werde Ihren Vorschlag, den Abdecklack von Fischer zu beziehen beherzigen und Bericht erstatten!

Wünsche Ihnen und allen im Forum eine schöne Zeit!

Liebe Grüße
Silbermond
Gainsbourg
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Gainsbourg

 ·  #26
Sehr geehrter Herr Professor Brepohl,

wie schön, dass ich mich nun auf diesem Wege nach 25 Jahren nachträglich bei Ihnen persönlich bedanken kann!
Als ich zu der Zeit meine Meisterprüfung vorbereitete, gab es keinen Fachkurs, da wir nur zu dritt waren. Lohne nicht und wir hätten warten sollen, bis mehr Aspiranten zusammenkämen.
Oder sonst zusehen, wie wir uns das erforderliche theoretische Wissen aneignen könnten.
Wenn ich mir aber einmal was in den Kopf setze, ziehe ich das auch durch. Zur Verfügung standen uns damals ein paar Bücher über Gemmologie - und eben ihr Werk (6. Auflage ).
Dazu kamen noch diverse dienstliche Reisen und der Prüfungstermin im Nacken.
Ich gestehe, dass ich manchmal nach stundenlanger Lektüre ziemlich geflucht habe!
Meine Mitkandidaten haben es ebenso gehalten. In der letzten Woche haben wir noch gemeinsam gepaukt und das erworbene Wissen abgefragt. Unsere “Brepohls“ waren schon arg zerfleddert.
Kurz: wir haben alle drei bestanden. Und zwar so gut, dass die mündliche Prüfung zwar stattfand, aber eigentlich als ein gemütliches Plauderstündchen , weil die Prüfer nun mal extra für uns drei „Exoten“ angereist waren.
Heute gibt es einiges mehr an Fachliteratur; vielleicht besser aufgemacht und mit hervorragenden Photos.
Aber meinem alten Brepohl halte ich die Treue und er ist so etwas wie mein Talisman. Schöner ist er mit den Jahren wahrlich nicht geworden, aber darauf kommt es nicht an.
Technisch gibt es heute einige Fortschritte, sicher, aber doch nicht soviel wie in anderen Berufen - und nicht alles unentbehrlich.
Dafür gibt es das Internet. Und dieses Forum, was mir die Gelegenheit gibt, mich aus der Ferne
direkt an sie wenden zu dürfen. In unserer Branche muss man oft improvisieren. Damals noch mehr ; selbst bei der Prüfung. Und dabei hatten Sie massgeblichen Anteil.
Ich wünsche mir, noch viele Beiträge hier von Ihnen zu lesen; sie sind immer informativ und individuell.
Mit freundlichen Grüssen,
Petra v. Gablenz
PS: ich weiss, das ist keine "Frage", aber das musste ich loswerden.
Goldie
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Goldie

 ·  #27
sehr geehrter herr prof. dr. brepohl,

nun möchte ich einmal stellvertretend für viele gäste hier im forum - aber auch für mich selber - eine frage an sie richten. galvanische veredelungen, rhodinieren etc. sind immer wieder bestand fragen vieler gäste.

welche einstellung im bezug auf galvanische veredelungen haben sie? muss jedes weissgold in ihren augen schneeweiss sein? muss silberschmuck immer rhodiniert sein - verliert er dadurch nicht vielleicht seinen charme? rhodium ist teuer und stellte schon so manchen goldschmied vor probleme.

es ist schwer für mich eine klare fragestellung zu formulieren aber ich denke sie wissen worauf ich hinaus möchte und freue mich auf ihre meinung und antwort.

NACHTRAG: hat natürlich jetzt mit galvanischer veredelung nichts zu tun aber eine zwischenfrage aus diesem thread [Links sind leider nur für eingeloggte sichtbar] möchte ich hier ebenfalls gerne aufgreifen, warum silberschmuck nach dem reinigen im silberbad manchmal gelb wird. bisher konnte niemand unserem user jackson eine antwort darauf geben und da dieses phänomen sicherlich viele betrifft wäre aber gerade hier aufklärung klasse. ich selbst gestehe habe in dieser sache auch null idee und konnte daher leider nicht helfen.

im voraus herzlichen dank und lg
martin wagner
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #28
Lieber Kollege Wagner, liebe Schmuckmacherinnen und Schmuckmacher,

beginnen wir mit dem Rhodinieren. In meinem Goldschmiedebuch Seite 50-51 behandle ich "Anlaufen der Ag-Cu-Legierungen", und dort sage ich auch etwas zum Thema "Rhodinieren".

Kurzum: Ich habe diesen Überzug nie gemocht und lehne das Rhodinieren generell ab.

Das Anlaufen des Silbers ist eine ärgerliche Sache, während meiner 50jährigen Goldschmiedezeit hat die Luftverschmutzung besonders in Großstädten und Indutriegebieten dramatisch zugenommen. Sulfide und Oxide werden heute sehr viel schneller und intensiver gebildet als in meiner Lehrzeit. Auf die Probleme der Reinigungsbäder kommen wir noch.

In den 1920er Jahren wurde das Rhodinieren als elegante Lösung des leidigen Problems hoch gelobt: Das Silber lief nicht mehr an, der Überzug war ziemlich kratzfest, also über einige Zeit beständig, und dann kam das "Aber": Das "silberweise", glänzende Metall verschwand unter dem blauweißen Überzug, Silberbesteck sah aus wie billige verchromte Teile. Ziselierungen, Silberschiedearbeiten - undenkbar. So kam man rasch wieder von dieser Errungenschaft ab.

Ein Anwendungsgebiet blieb: billiger Immitationsschmuck, mit dem man besetzt mit Similisteinen, Wachsperlen und Markasiten Juwelenschmuck nachmachen wollte.

Weil ich generell für materialgerechte Gestaltung einstehe, meine ich, daß Weißgold so aussehen soll wie Weißgold!

Nun zu der Vergilbung nach dem Reinigungsbad: Ich kenne diese Erscheinung, und hier kommen wir an einen Punkt, wo ich sagen muß:

Ich weiß nicht warum!

Ich kann es deshalb nicht wissen, weil die Hersteller dieser Reinigungsbäder keinerlei Auskunft über die enthaltenen Chemikalien geben, so daß die "Nebenwirkungen" nicht zu erklären sind.

Beim Thema Reinigungsbäder beginne ich mich aufzuregen! Alle die teuren Reinigungsbäder schonen die Umwelt, sichern den Herstellern ein angenehmes Auskommen und sorgen schließlich dafür, daß man nach 10 min den Silberlöffel gut erhalten mit seiner braun-schwarzen Oberfläche wieder herausnehmen kann.

In der DDR war das Problem gelöst: Für wenig Geld gab es in jeder Drogerie "Blanka-Blink", ein Reinigungsbad, das seinen Namen verdiente. Eintauchen, 5 Sekunden, maximal 10, herausholen abspülen, der schwarz-braune Silberlöffel weiß wie frisch aus dem Laden - vergilben danach, so etwas gab es nicht. Eine Gemeinsamkeit mit dem jetzigen Zustand gab es: Auch damals wurde nicht gesagt, was drin war - es roch giftig!
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #29
Liebe Kollegen,
der verfügbare Raum für meine Argumentation war zuende, da ich aber noch mehr weiß, setze ich hier meinen Text fort.
Ich lobte das giftige, aber wirksame Silberreinigungsmittel "Blanka-Blink", das verständlicherweise aus dem Handel genommen worden ist.

Von einem Versandhandel berkam ich eine gelochte Metallplatte (Zusammensetzung der Legierung unbekannt), ein schweizer Produkt. Man legt die Platte in ein flaches Behältnis, füllt eine Kochsalzlösung auf und legt die schwarz-braunen Silbergegenstände auf diese Platte. Der Ioinenaustausch funktioniert, in Abhängigkeit von der Schichtdicke gibt es einen überzeugenden Reinigungseffekt.

Silbergegenstände, in Alu-folie eingewickelt in warmer Kochsalzlösung behandelt, war ja immer schon ein bewährtes Verfahren der Reinigung.

Schließlich ein ganz sicherer Tip zur Verhinderung der Verfärbung silberner Gegenstände:

Bestecke, Silberbecher, Silbergerät täglich benutzen!

Silberschmuck so oft wie möglich anlegen!

Der gebrauchsbedingte Abrieb hält den Silbergegenstand lebendig, und wenn in verdeckten, geschützten Bereichen eine dunkle Patina entsteht, erhöht sie den Reiz des "echten" Silbers!
Goldie
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Goldie

 ·  #30
herzlichen dank für ihre ausführungen!

ich war auch schon immer fan von naturbelassenem weissgold. auch der charme von unbehandeltem silber hat was. ich freue mich, dass ich mit meiner meinung nicht alleine da stehe.

die fachlichen ausführungen - neben persönlicher meinung und geschmack - liessen zumindest bei mir wieder einmal keine fragen offen.

die anmerkung silber täglich "zu benutzen", bzw. schmuck anzulegen finde ich mehr als trefflich, denn schmuck will getragen werden, ein auto gefahen werden usw.

kaputt liegen bzw. kaputt stehen ist nicht im sinne des erfinders - wobei sammler das bestimmt anders sehen.

liebe grüsse
martin wagner
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